Besser Saatgut als Geld auf der Bank

Verein SoLaWi zeigt eigenen Werbefilm und US-Dokumentation “Seed”. Warum von der Vielfalt des Saatgutes das Überleben der Menschheit abhängen könnte

SCHWEINFURT • “Wawilow-Institut” nennt sich eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen von Pflanzensamen, in Petersburg. Bekannt ist die Saatgut-Bank des Botanikers (und Stalinopfers) Nikolai Wawilow durch die deutsche Blockade Leningrads. Im Zweiten Weltkrieg schützten die Mitarbeiter den kostbaren Genpool vor der hungernden Bevölkerung, für die Zukunft.

“Unser Saatgut – Wir ernten, was wir säen”, nennt sich der preisgekrönte US-Dokumentarfilm. “Seed”, so der Originaltitel, wurde gerade im gut besuchten Programmkino KuK gezeigt, auf Einladung des Vereins “Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) Schweinfurt”. Die Erzeugung hochwertiger Pflanzen-Kulturen ist, so die Botschaft, seit der Steinzeit schlicht eine Frage von Leben und Tod menschlicher Kulturen: unter anderem für eine Million Hunger-Opfer nach der Kartoffelfäule in Irland um 1850.

Samen rarer Nutzpflanzen sind gesucht

Bei indianischen Bauernvölkern wie den Hopi genießt der Mais kultische Verehrung. Gesunder “Corn” gehört zur Familie und deren Generationsfolge. Auf Spitzbergen und anderswo werden rare Pflanzensorten gebunkert, die für die Menschheit überlebenswichtig werden könnten: durch zufällige Resistenz gegen neue Krankheiten oder als botanisches “Backup”, als Rückversicherung etwa bei einer weiteren Verschärfung des Klimawandels.

Bildgewaltig zeigt der Film Enthusiasten des Ackers, die für Sortenvielfalt kämpfen, gegen die Marktmacht von Konzernen wie Bayer/Monsanto & Co. Menschen, die sich nicht damit abfinden wollen, dass von einst 158 Sorten Blumenkohl nur noch neun Arten existieren. Nach seltenen Bohnen wird wie nach Edelsteinen geschürft. Das alles ist keine Erbsenzählerei: Der pflanzliche Artenschwund, der verwöhnte Supermarkt-Kunden vielleicht noch schmunzeln lässt, könnte bei Getreide und anderen Grundnahrungsmitteln katastrophale Folgen haben.

Die “SoLaWi Schweinfurt” beackert seit diesem Jahr 5000 Quadratmeter am Main bei Bergrheinfeld, ökologisch, chemiefrei und sozial solidarisch: Jeder darf als “Ernteteiler” investieren und ernten. “Das Wetter ist gut für die Vorsaat”, freut sich Vorsitzender Erich Morgenstern im Kinosaal. Die Humusproben seien vielversprechend.

Auch die Kindertafel profitiert vom gesunden Gemüse

Im Frühjahr sollen Radieschen und Salate angebaut werden, im Sommer Tomaten, Auberginen, Paprika, im Herbst Kohlsorten. Stadtrat und Mitglied Stefan Labus rührt die Werbetrommel. Für die Schweinfurter Kindertafel sei er auf der Suche nach gesunder Nahrung gewesen: “Da kommt SoLaWi gerade richtig auf den Tisch”.

Knoblach: Gut, wenn die Menschen selber tätig werden

Auch der Öko-Landwirt Paul Knoblach, der auf dem Bulldog von der Wahl zum Landtagsabgeordneten erfahren hat, unterstützt das Anliegen: “Ich finde es gut, dass die Leute nicht nur über die GAP, die gemeinsame Agrarpolitik der EU klagen, sondern selber was machen”. Er habe das Gefühl, dass die Auberginen der “Konkurrenz” nicht den Weltmarktpreis senken werden, scherzt der Grünen-Parlamentarier aus Garstadt.

Auch Bergrheinfelds Vize-Bürgermeister Dieter Wagner rührt die Werbetrommel für Regionalität. Ein Extradank geht an Filmemacher Peter Leutsch aus Schwebheim, der dem Verein einen flotten Imagestreifen gewidmet hat, der nun erstmals, als Vorfilm, präsentiert wird. Ansonsten sind die alternativen Gartenbauer auf Mittel aus “Kraut-” oder “Crowdfunding” angewiesen, zwecks Beschaffung von Folien und Bewässerungstechnik.

Weitere Infos unter: https://solawi-schweinfurt.weebly.com und www.startnext.com/solawi-schweinfurt-und-umgebung. Die Doku “Seed – Unser Saatgut” gibt es im Kuk noch einmal am kommenden Sonntag um 14 Uhr zu sehen.

© Uwe Eichler
© Foto: Uwe Eichler
Quelle: Volkszeitung Schweinfurt

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