Wenn Kinder hungern und wie andere Kinder etwas dagegen tun

GEROLZHOFEN • Kinderarmut gibt es auch bei uns – in Schweinfurt und seinem Landkreis. Die Vorstellung von hungernden Kindern, knurrenden Mägen und traurigen Gesichtern behagt keinem. Doch es ist eine Tatsache. “Zurzeit lebt in Schweinfurt jedes fünfte Kind zwischen dem dritten und dem fünfzehnten Lebensjahr in Armut, ist unterversorgt”, sagt Stefan Labus, Vorsitzender der Schweinfurter Kindertafel e.V.

Mangelernährung in einem wirtschaftlich so gut aufgestellten Bundesland wie Bayern ist kaum vorstellbar und doch Realität. Um so mehr beeindruckt die Bereitschaft der Kinder aus Gerolzhofen, sich diesem Thema anzunehmen und aktiv etwas dagegen zu tun. Seit langem schon ist es Tradition der Kommunionsjahrgänge, einen Teil der großzügigen Geldgeschenke ihrer Familien für einen guten Zweck zu spenden.

“Gemeinsam haben wir uns für die Tafel entschieden, die hungernden Kindern hilft”, sagt Pfarrer Stefan Mai, Leiter der Pfarreiengemeinschaft “St. Franziskus am Steigerwald” sichtlich zufrieden. “Für mein Kind war es nur schwer zu verstehen, dass andere Kinder morgens kein Frühstück bekommen”, fügt eine Mutter hinzu.

Rund 500 Euro haben sie gesammelt. Die Kinder sind zu Recht stolz wie Bolle, als sie am 18. Mai im Pfarrer-Hersam-Haus zur Scheckübergabe zusammenkommen. Die Organisatorinnen Julia Fugmann, Melanie Fischer und Daniela Balzer-Hoheisel haben zusammen mit den anderen Eltern ein Jahr lang die Kommunion ihrer Sprösslinge vorbereitet und mit der Spendenaktion runden sie dieses besondere Jahr im Glauben ab. “Es fühlt sich einfach gut und richtig an”, sagt Fischer und findet viele Befürworter. “Wenn Kinder in Schweinfurt hungern, kann uns das nicht kalt lassen”, sagt eine andere Mutter. “Das ist so nah an uns dran.”

350 bis 400 Kinder hungern täglich in Schweinfurt. Die Folgen sind Konzentrationsschwierigkeiten, Unterzuckerung und Aggressionen. “Gehen wir den Hunger an, füllen wir ihre Mägen! Dann lösen sich wie von selbst viele andere Probleme”, plädiert Stefan Labus. “Diese Erfahrung machen auch die Lehrer und Kindergärtner, die sich bei uns melden.” Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Kindertafel packen ab 7.00 Uhr schultäglich Frühstücksbeutel mit belegten Broten, Käse oder Wurst, Butter, Rohkost und einem Stück Obst. Dazu kommen noch Getränke. Der Warenwert pro Beutel ist 1,60 €. Von dem gesammelten Geld können also bereits 312,5 Frühstücksrationen verteilt werden.

Da die Schweinfurter Kindertafel keine öffentlichen Mittel erhält, ist sie auf Spenden angewiesen. Im Gegensatz zu anderen Tafeln, die gespendete Lebensmittel weitergeben, wurde satzungsrechtlich festgehalten, nur mit Hilfe von Geldspenden Waren selbst zu erwerben und zu verteilen.

“Wir stellen fest, dass immer mehr Kommunionskinder spenden”, sagt der Vorsitzende Labus. “Ob fünf oder fünftausend Euro von unseren Sponsoren kommen, wir sind dankbar für jede Unterstützung!” Als der Scheck an ihn übergeben wird, zeigt er genau diese Dankbarkeit auf Augenhöhe mit den Kindern. “Ich bin Stefan”, wendet er sich an sie, “und freu mich sehr über eure Spende!” Zur Belohnung verteilt er Buttons mit dem Logo der Kindertafel als Erinnerung an dieses Event.

Keine zwei Sekunden sollte es dauern, bis die Anstecker von den aufgeregten Kindern einem Verdienstorden gleich an den T-Shirts angebracht wurden. Diese humanitäre Win-Win-Situation durfte im Anschluss ordentlich gefeiert werden. Wie von höchster Instanz gewürdigt, lachte auch die Sonne und es wurde es ein strahlend schöner Sommertag. Mit Sackhüpfen, Kartoffel-Wettlauf, dem Schießen auf die Torwand und Bayern München erneut als Deutschem Meister endete der Tag im Garten vom Pfarrer-Hersam-Haus.

© Andrea Lindenberger
© Foto: Andrea Lindenberger
Quelle: Volkszeitung Schweinfurt

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